Skip to main content
icon mongolische Jurte-Ger

»Leben im Kreis«

Fotografisches Essay/Buchprojekt über die Nomaden der Mongolei.

Der Kreis ist ein Basisbegriff der ganzen nomadischen Kultur, Philosophie und Religion. Als Naturvolk sind die Nomaden immer noch stark in den Naturkreislauf eingebunden: Sommer – Herbst – Winter – Frühling und wieder Sommer; Geburt – Leben – Tod – Wiedergeburt … Alles wiederholt sich, hat keinen Anfang und kein Ende …

Das Element »Kreis« ist überall zu treffen: Jurte, modernere Bauten wie eine Betonbühne in den Gebirgen, in schamanischen Ritualen, in alltäglichen Gewohnheiten … Selbst der Umzug findet immer wieder im gleichen Kreis statt. 

Das Projekt enthält neben den Fotografien kurze Infos zu verschiedenen Themen: Alltag der Nomaden, Sprichwörter, Religion und Tradition, Sitten und Gebräuche usw. Diese Texte sind nicht als Beschreibungen jeweiliger Bilder gedacht; einen indirekten Bezug auf die Fotografien können sie aber haben.

»Die wirklich wichtigen Dinge im Leben der Nomaden tragen poetische Namen. So leben sie zwischen »Vater Himmel« und »Mutter Erde« am »heiligen Berg«, oder sie sind umgeben von den »fünf Juwelen« der Steppe: Pferd, Kamel, Schaf, Ziege und Rind.«

»Dem Buddhismus gelang es bis heute nicht den Tengrismus zu verdrängen – ursprüngliche Glaubensform der zentralasiatischen Steppenbewohner, die sich vor allem um den Himmelsgott Tengri aufbaut. Besonders auf dem Land spielen viele Elemente dieses Glaubens im Alltag auch heute noch eine große Rolle.

Der lamaistische Buddhismus der Mongolen besteht meist nur daraus, die Buddha-Statue gemeinsam mit einem Bild Dschingis Khans und Dalai-Lama an seinen heiligen Platz auf dem Altar des Nomadenzeltes zu stellen.«

»Die persönliche, geistige Kraft eines Menschen wird als Windpferd bezeichnet, welches sich in der Brust befindet. Je nachdem wie der Mensch sich und seine Umwelt im Gleichgewicht hält, ist es unterschiedlich groß.

Ein sehr starkes Windpferd bewirkt, dass ein Mensch sehr klar denkt und stets die richtigen Entscheidungen trifft. Wenn der Mensch seine Kraft für böse Absichten einsetzt und damit das Gleichgewicht stört, schwächt dies das Windpferd ab. Deshalb neigen böse Menschen irgendwann auch zur Selbstzerstörung.«

»Die Jurte (auf mongolisch – Ger) ist die übliche Unterkunft der Nomaden, sie ist gleichzeitig Haus und Heimat. Wie in der deutschen Sprache die Wörter Heim und Heimat untrennbar miteinander verbunden sind, so bedeutet auch Jurte beides für die Mongolen.

Mit dieser Sichtweise hatten tengristische Nomaden eine ganz eigene Vorstellung von Heimat. Heimat war überall dort, wo die Jurte aufgebaut wurde.«

»In der Mitte der Jurte befindet sich die Feuerstelle, der heiligste Punkt – der Platz von Golomto, Tengris Tochter. Man muss ihr Respekt erweisen. Nach mongolischer Weltanschauung ist die Jurte das Zentrum im Kosmos und die Feuerstelle ist das Zentrum des Mikrokosmos Jurte. Links ist die weibliche Seite. Hier nehmen Frauen Platz, und weibliche Gebrauchsgegenstände wie Küchengeräte werden hier aufbewahrt. Auch Kinder halten sich hier auf.«

»Der kleine, runde Sonnenstrahl, der durch die Rauchöffnung in die Jurte fällt, bewegt sich im Uhrzeigersinn. An ihm kann man die Uhrzeit ablesen. Auch die Bewohner der Jurte bewegen sich im Uhrzeigersinn durch die Jurte, um das Gleichgewicht nicht zu stören. Ebenso richten sich die Schamanen bei ihren Bewegungen während eines Rituals immer an die Uhrzeigerrichtung.«

»Bei den Kindern werden die Haare erst im Alter von 4-5 Jahren geschnitten. Früher darf man dies nicht, da es Unglück bringen kann. Manchmal ist es wirklich sehr schwer zwischen Jungen und Mädchen zu unterscheiden. Hier besteht aber kein Zweifel.«

»Tiere sind der Reichtum und der Überlebensgarant der Nomaden. Mit ihnen muss man respektvoll umgehen. Aber nicht nur deswegen: Tiere haben, wie auch der Mensch, mehrere Seelen; eine davon wird wiedergeboren.«

»Das größte Ereignis in der Mongolei ist das alljährliche Naadam Fest – bekannt als die Olympischen Spiele der Nomaden und geht zurück auf die Zeit von Dschingis Khan. Angeblich wurden dabei die besten Krieger für die Khan-Garde ausgewählt. Gefeiert wird nicht nur in der Hauptstadt. Kleinere Städte und Dörfer haben ihre eigenen Naadam-Feste.«

»So steht es in einem alten Lama-Vers: »Wenn der Staub der Rennpferde die Götterwelt erreicht, herrscht in der Menschenwelt Friede, Glück und Wohlstand …«

»Ein mongolisches Sprichwort besagt: »Ein Kind bleibt solange bei seiner Mutter, bis seine Füße den Steigbügel und die Hände den Sattelknopf erreichen«.«

»In der Mongolei herrscht kontinentales Klima in Reinform. Im Sommer bis über +30°C, im Winter oft bis –40°C. Nirgendwo sonst in der Welt erstreckt sich der Dauerfrostboden so weit nach Süden wie in der Mongolei, wo er bis zur Hauptstadt UlaanBaatar reicht – breitengradmäßig südlicher als München. Das müssen ziemlich robuste Menschen sein, die es dort aushalten …«

»Man muss den älteren Menschen mit großer Achtung begegnen, denn je älter, desto wertvoller ist man. Der älteste Gast hat seinen Platz in der Jurte immer auf der rechten (Männer) oder linken (Frauen) hinteren Seite. Dies ist der Ehrenplatz für Besucher, die alle nach ihrem Alter gesetzt werden und nicht nach ihrem Rang.«

»Was die Nomaden im Überfluss haben, ist Platz. Mit rund 2,4 Millionen Einwohnern ist die Mongolei äußerst dünn besiedelt (1,6 Einwohner pro km²). Dabei lebt ca. ein Drittel der Bevölkerung in der Hauptstadt; der Rest lebt in kleineren, ländlichen Siedlungen sowie als nomadisierende Viehzüchter.«

»Können Sie das lesen? Ondalho, Jagdosuln, Batczeczeg, Lhagvasuren, Khureltogoo, Khaichankhirbaa. Das sind Namen, grenzenlos wie das Land … Die Mongolei ist mit einer Fläche von 1,56 Mio. km² das sechstgrößte Land Asiens und 4,3 mal so groß wie Deutschland. Unter den flächenmäßig großen Ländern der Erde belegt sie Rang 18.«

»Sich bei der Begrüßung die Hand zu geben, ist noch keine lange Tradition in der Mongolei. An einem Tag sagt man auch nicht mehrmals »Hallo«. Man fragt eher ungefähr so: »Was gibt es Neues?«, dann antwortet man etwa so: »Ruhig, herrlich«.«

»Die Merkmale der modernen Zivilisation machen auch vor der Steppe nicht halt. Motorrad, Sonnenbatterie und Satellitenschüssel haben längst einen festen Platz im alltäglichen Leben der Nomaden eingenommen.«

»»Vom Khan bis zum einfachen Menschen stehen alle früh auf und ziehen mit dem Vieh über die Weiden«, sagt eine alte mongolische Redensart. Mobilität und Rastlosigkeit ist für Nomaden ein Überlebensprinzip.«

»Nicht nur die Nomaden, sondern auch wesentliche Teile der kleinstädtischen Bevölkerung leben mindestens für einen Teil des Jahres – und zwar im Winter – in den zu dieser Jahreszeit wärmeren Jurten, die oft neben dem Haus aufgebaut werden.«

»Der astrologische Kalender ist noch von sehr großer Bedeutung, besonders auf dem Land. Bevor wichtige Tätigkeiten unternommen werden, wird erst einmal nachgeschaut, ob der Tag dafür geeignet ist.«

»Filz ist der Stoff, aus dem die Jurten gebaut werden. Er dient als das ideale Isoliermaterial: Im Winter hält er die Kälte ab, im Sommer die Hitze. Gutgemachter Filz ist sogar wasserdicht. Und gutgemachter Filz wird immer selbst gemacht.«

»Die Welt ist aus der Perspektive eines Nomaden nicht einfach nur dreidimensional, sondern ein geschlossener Kreislauf. Es bewegt sich alles im Kreis; die Bewegung der Sonne, die immer wiederkehrenden Jahreszeiten und die drei Seelen aller Lebewesen, die immer wieder in die irdische Welt zurückkehren …«

»Jedes Jahr vergeht mit den immer gleichen Tätigkeiten. So war es schon vor Tausenden von Jahren, so ist es auch heute noch. Wenig hat sich geändert im Leben der Nomaden, die im Einklang mit Natur und Tieren leben. Das Nomadentum stellt vor allem ein Lebensgefühl dar, dem noch viele Mongolen nachgehen, und dient erst in zweiter Linie zur Sicherung des Lebensunterhalts.«

Textquellen:
www.wikipedia.org · www.jurte.info · www.de-academic.com · www.dmv-gobi.de · Julie Stewart

piktogramm